18.12.2023
In der Bürger-Stiftung Stormarn sorgen mehr als 300 Menschen für Unterstützung, Aufmerksamkeit und Vielfalt. Wir stellen einige von ihnen aus Ahrensburg, Bad Oldesloe, Großhansdorf und Trittau vor. Über Nächstenliebe und Gemeinsinn wird in der Weihnachtszeit viel gesprochen. Doch manche Menschen reden nicht nur, sie handeln. Das ganze Jahr.
Foto: Timon Kronenberg
Ursula Otten und Saeid Izadi
Mehr als 300 Ehrenamtliche engagieren sich unter dem Dach der Bürger-Stiftung Stormarn, um jene zu unterstützen, die Hilfe brauchen. Die Förderziele der sechs regionalen Bürgerstiftungen, 37 Stiftungsfonds sowie die zahlreicher weiterer Projekte reichen von Bildung und Kultur über Heimatpflege bis zu Sport, Gesundheit und Hilfe zur Selbsthilfe. Wir haben mit Menschen gesprochen, die sich engagieren oder von einer Stiftung profitieren.
Ihr Einsatz zahlt sich auf besondere Weise aus: „Es ist die Dankbarkeit der Menschen, ein Lächeln oder es sind wertschätzenden Blicke, die uns belohnen“, sagt Ursula Otten, Vorstandsmitglied und Mitbegründerin der Trittauer Bürgerstiftung. Sie muss nicht lange überlegen, wenn sie nach ihrem Antrieb gefragt wird.
Für die 2015 ins Leben gerufene Stiftung sind knapp 40 Frauen und Männer in ihrer Freizeit unterwegs, um ihre Gemeinde noch liebens- und lebenswerter zu machen. Mit dem Projekt 'Café International' gilt das vor allem für Menschen aus anderen Ländern. In der historischen Wassermühle schuf die regionale Bürgerstiftung einen Ort, an dem sie sich austauschen und Unterstützung finden können. Für Saeid Izadi, der 2017 aus seiner iranischen Heimat flüchten musste, entpuppte sich der Kontakt zu den Trittauer Ehrenamtlern als Glücksfall: Mit Unterstützung von Ursula Otten bewarb sich Izadi beim Rotary Club Bargteheide um ein Förderstipendium für soziale Berufe. Dank seines Ehrgeizes bekam er es – zwei Jahre hintereinander. Nach wie vor hilft der junge Mann der Bürgerstiftung als Dolmetscher aus. „Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Ich habe den Menschen hier so viel zu verdanken“, sagt Saeid Izadi.
Diese Dankbarkeit fühlt auch Hamid Dastgerdi. Der in Teheran geborene Künstler kam 2018 nach Deutschland: „Flüchten zu müssen, stellt das Leben völlig auf den Kopf. Als ich das Café und die Menschen dort entdeckt habe, war das ein wunderbarer Moment. Endlich hatte ich das Gefühl, angenommen und angekommen zu sein.“ Die Ehrenamtler helfen bei der Vermittlung von Wohnungen, bei Behördengängen. Sie bieten einen Raum, in dem Menschen verschiedener Herkunft miteinander ins Gespräch kommen. „Was man dabei alles lernt, ist unbezahlbar“, sagt Ursula Otten.
Unterstützen Sie Ihre Region, indem Sie einzelne Projekte oder ganze Stiftungen bedenken. Mit einem Ehrenamt können Sie unsere Arbeit auch mit Ihrer Zeit unterstützen.
Auch Felix Peters will nie auslernen. Seit Sommer ist er Vize-Vorstand der Bürgerstiftung Großhansdorf. Der 34-jährige Familienvater hat die Waldgemeinde als Filialleiter der Sparkasse Holstein kennen- und schätzen gelernt. „Ich möchte der Region etwas zurückgeben, schließlich ernährt sie meine Familie. Unser gutes Leben ist keine Selbstverständlichkeit“, sagt Peters, der in Norderstedt lebt und in einer Versicherungsagentur in Ahrensburg und Großhansdorf arbeitet. „Die Stiftung ist eine hervorragende Plattform für mich, um zu erkennen, wo Bedarfe herrschen, auch in dieser gutsituierten Gemeinde. Dafür bin ich dankbar, das macht das Helfen leichter.“ Es befriedige ihn zutiefst, etwas zurückgeben zu können. Die Stiftung fördert unter anderem den Jugendmusikpreis und ein Frauencafé. Manche seiner Kunden seien auch Zustifter geworden, so Peters. Das ehrenamtliche Engagement seines Vaters habe ihn inspiriert. Und das seines Schwiegervaters: „Er hilft benachteiligten Familien mit einem eigenen Verein. Ich bin dort Kassenwart, erlebe, wie schlecht es anderen gehen kann. Das hat mein Engagement ausgelöst.“ Gerade erwäge er eine Förderung für Kita- und Schulkinder in Großhansdorf.
Lesepaten Stormarn: Alice Freitag (66) üuebt mit den Viertklaesslern
Gut möglich, dass sein Weg den von Alice Freitag kreuzen wird. Die 66-Jährige ist Bereichsleiterin der Lesepaten, einem kreisweiten Projekt der Bürger-Stiftung Stormarn. Sie koordiniert in Ahrensburg die Arbeit von 28 der mehr als 100 Frauen und Männer, die regelmäßig zum Vorlesen und zur Leseförderung in Kitas und Schulen gehen. Als die Dolmetscherin 2021 in Frührente geht, übernimmt sie das Amt, in das wöchentlich rund 15 Stunden fließen. Bereut hat sie es noch keine Minute: „Mein Mann sagt immer: Wenn du aus der Schule kommst, strahlst du!“. Es sei eine Erfüllung, zu sehen, wie dankbar die Kinder seien. „Ich bringe ihnen etwas bei — und sie freuen sich darüber“, so Freitag. „Wir können nicht die Welt retten, aber wir können diesen Kindern helfen. Das schenkt meinem Leben neuen Sinn.“ Jedes dritte Grundschulkind habe Schwierigkeiten beim Lesen und Verstehen von Texten. Die Nachfrage nach Lesepaten ist groß. Mittlerweile arbeitet sie mit sämtlichen Ahrensburger Grundschulen und der Woldenhorn-Schule, dem Förderzentrum mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung, zusammen. „Doch wir brauchen weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter von Trittau bis Bad Oldesloe“, sagt Freitag.
Foto Timon Kronenberg
Einen neuen Sinn im Leben findet auch Michael Biesel durch seine Aufgabe im Gemeinschaftsprogramm „Verrückt! Na und?“ von Bürger-Stiftung Stormarn und Südstormarner Vereinigung für Sozialarbeit. Dass der 61-Jährige als sogenannter persönlicher Experte einen Tag lang mit Schülerinnen und Schülern an weiterführenden Schulen über psychische Erkrankungen und Süchte sprechen kann, verdankt er Fördermitteln der Eheleute Schmöger-Stiftung Norderstedt. „Mit meiner eigenen Erkrankung habe ich zu lange gewartet, bevor ich mir Hilfe gesucht habe“, sagt Biesel. „Heute gebe ich etwas zurück an junge Menschen, indem ich Themen wie Depression oder Alkoholsucht entstigmatisiere und die Scheu nehme, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.“ Larissa Wende, Sozialpädagogin im Beratungszentrum der Südstormarner Vereinigung, verantwortet das Projekt: „Durch die Fördermittel der Stiftung ist unser Angebot für Schulen kostenfrei. Die Nachfrage ist enorm, sämtliche 35 Termine für 2024 sind ausgebucht.“ Experten wie Michael Biesel seien „ein Geschenk“, so Wende. „Sie machen das Projekt aus, denn sie ermuntern nicht nur zu einem offenen Umgang mit der Krankheit, sondern stärken die eigene Selbstwirksamkeit.“
Die Eheleute Schmöger-Stiftung organisiert auch Podiumsdiskussionen, Aufklärungsrunden und Filmvorführungen zum Thema psychische Erkrankungen. Die Filme der Regisseurin Andrea Rothenburg, Vorsitzende des Vereins 'Psychiatrie in Bewegung', handeln von Betroffenen, deren Familien und Freunden. Dank sensibler Beobachtung und Fragestellung öffnen sich die Menschen vor der Kamera, schildern Erlebtes und sagen, was ihnen hilft und was nicht. Die Reaktionen der Zuschauer seien immer sehr berührend, so die Filmemacherin. „Es fühlt sich an, als würden wir auf einmal eine Welle spüren, die uns gemeinsam trägt. Ich erlebe Erleichterung und Dankbarkeit.“ Manch einer denke leider immer noch, dass er mit seinen Sorgen allein auf der Welt sei. „Wir aber wollen zeigen: Du bist nicht allein! Es gibt Hilfe“, sagt Rothenburg. Für sie ist die Zusammenarbeit mit der Stiftung eine große Freude.
Auch der Tod ist ein sensibles Thema. Doch mindestens ein Mal im Leben muss jeder sich damit auseinandersetzen. Im Oldesloer Hospiz Lebensweg schaffen Menschen einen Raum für den Abschied. „Hier darf jeder sein, wie er ist. Und er darf gehen, wie er will“, sagt Sabine Tiedtke. Sie hatte die Vision eines Hauses, in dem die letzte Lebensphase würdig begleitet wird. Dank Unterstützung vieler Gleichgesinnter hat sich ihr Traum 2020 mit der Eröffnung des Hospizes erfüllt. Kay Gladigau, Bauingenieur aus Oldesloe und ein Freund von Sabine Tiedtke, ist einer der treuesten Unterstützer. Die Erträge der von ihm gegründeten Karl Gladigau Hospiz-Stiftung, benannt nach seinem Großvater, kommen dem Haus am Sandkamp 28 zugute. „Durch seine Fachkompetenz steht er uns außerdem bei baulichen Veränderungen immer zur Seite“, so Tiedtke. Ehrenamtler und Festangestellte arbeiten im Hospiz Lebensweg Hand in Hand, sie stellen sich auf die Wünsche der Gäste ein und haben auch für Angehörige stets ein offenes Ohr. Hospiz-Gründerin Sabine Tiedtke: „Mit sich im Frieden und in einer beschützten Atmosphäre sterben zu dürfen, gehört wohl zu den größten Geschenken im Leben.“
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