27.05.2024

Reinbeks heimlicher Schlossherr

Wie Bernd Kraske die Stiftung Donati Schloss Reinbek managt, mit der Bürger-Stiftung Stormarn an Demokratieprojekten arbeitet und wie er über den Auftritt der AfD im Schloss denkt. Im Grunde war die Geburtsstunde seines heutigen Engagements eine kalte Winternacht im Jahr 1983.

Bernd M. Kraske Portraet Nachweis Timon Kronenberg
Gloria Kloth 17 wird von der Donati Stiftung Schloss Reinbek gefoerdert

Reinbeks damaliger Bürgermeister Günther Kock hatte Bernd M. Kraske nach dem Besuch einer Theatervorstellung im Sachsenwald Forum gefragt, ob Kraske noch einen Moment Zeit habe, er wolle ihm etwas zeigen. „Wir sind nachts gegen 23 Uhr bei Eis und Schnee runter zum Schloss gefahren. Es war stockdunkel, keine Laterne spendete Licht, ein großer Bauzaun versperrte den Blick auf das Schloss, das gerade saniert wurde.“ 

An diesem Abend schließt der Bürgermeister das herrschaftliche Renaissancegebäude auf. Im Taschenlampenlicht zeigt er Kraske die entkernten Innenräume und fragt ihn: „Könnten Sie sich vorstellen, dass das mal Ihr Arbeitsplatz wird?“ In diesem Moment sei er sich nicht sicher gewesen, ob seine Vorstellungskraft dafür reiche, sagt Kraske. Heute ist das Schloss Dreh- und Angelpunkt seines Lebens, das er gleich zwei Stiftungsämtern widmet: Als Projektkoordinator der Stiftung Donati Schloss Reinbek, die der Förderung von Kunst und Kultur im Schloss dient, und dem Vorsitz der Stiftung Sammlung Rolf Italiaander/Hans L. Spegg. Die Arbeit der Stiftungen greife ineinander, so Kraske. Impulse für das Demokratieverständnis und Weltoffenheit zu setzen, sei beiden sehr wichtig.

Die Italiaander-Stiftung stärkt mit Ausstellungen, Vorträgen und Diskussionsrunden das Verständnis für fremde Kulturen und Religionen. Und unter dem Dach der Bürger-Stiftung Stormarn kümmert sich die Donati-Stiftung um kulturelle Veranstaltungen, die Unterstützung junger Musiker und hilft bei der Anschaffung und Restaurierung von Kunstgegenständen im Schloss. Es war Bernd M. Kraske, der den verstorbenen Stiftungsgründer Bernhard Donati 2011 dazu bewegte, zu Lebzeiten eine Stiftung zu gründen: „Er sollte selbst noch sehen, wie das läuft. Zu seiner Freude lief es gut.“ 

Zu diesem Zeitpunkt ist Kraske, dreifacher Familienvater und studierter Philosoph, Literatur- und Theaterwissenschaftler, Leiter der Kultur- und Veranstaltungseinrichtungen der Stadt Reinbek. Den Job verdankt er dem Sohn von Günter Kock. Dieser wohnt in Hamburg-Eimsbüttel nebenan von Kraske, der an der Universität Hamburg als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter arbeitet. Sein Vater suche jemanden, der Ahnung vom Theater habe, so Kock Junior. Das Sachsenwald Forum ist gerade eröffnet worden. Bernd M. Kraske schreibt fortan Vorberichte und Kritiken zu den Stücken, die dort aufgeführt werden. Bis zu jener Nacht im Schloss Reinbek, als Günther Kock ihm das neue Amt in der Stadtverwaltung anträgt. Und Kraske dafür zunächst elf Jahre lang pendelt, um schließlich 1994 mit seiner Frau und den drei Töchtern nach Reinbek zu ziehen.

Nicolai Schweizer 18 wird von der Donati Stiftung Schloss Reinbek gefoerdert

Seit fast 40 Jahren treibt er hier den intellektuellen Diskurs voran, hat zahlreiche Bücher zur deutschen Literatur verfasst. Die Kamingespräche, zu denen er im Namen der Italiaander-Stiftung ins Schloss Reinbek lädt, sind längst zur festen Institution mit überregionaler Strahlkraft geworden. In diesem Jahr begrüßte er Hamburgs Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), danach nahm sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) Zeit, um über Politik und Demokratiebewusstsein zu diskutieren. In bislang 77 Kamingesprächen widmeten sich namhafte Persönlichkeiten aus Sport, Politik, Religion und Soziales Fragen der Gesellschaft. Gemeinsam mit seinem engen Freund und Vorstandskollegen Rudolf Zahn wählt er die Gäste aus. „Dabei gibt es keine Honorare. Es läuft alles ehrenamtlich.“

Was ihm in seinem Beruf wichtig war, ist ihm auch als Pensionär ein Anliegen: „Wenn man mich braucht, führe ich das so weiter mit dem, was ich machen kann. Wir alle sollten uns viel mehr engagieren, ob als Spender, in einer Stiftung oder einem Verein. Viele Menschen haben viel zu viel Freizeit und machen zu wenig daraus.“ Deshalb sitzt er auch im Beirat der Bürger-Stiftung Stormarn und hilft dabei, neue Projekte auf den Weg zu bringen. „Die Stärkung der Demokratie liegt uns sehr am Herzen, das ist gerade dieser Tage ein enorm wichtiges Thema“, sagen Uwe Sommer und Ralph Klingel-Domdey vom Vorstand der Bürger-Stiftung Stormarn, die Gesprächsrunden dazu mit handelnden Personen in Reinbek initiiert haben. Bernd Kraske sagt: „Wir wollen auch junge Menschen für die Demokratie begeistern, sprechen mit Lehrkräften, Kommunalpolitikern sowie Vertretern vom Kreis- und Stadtjugendring, um das Projekt unter dem Dach der Bürger-Stiftung Stormarn auf die Beine zu stellen. Wir haben Verschiedenes konzipiert, von Filmbeiträgen über Vorträge bis hin zu Workshops.“

Er verstehe, dass die Menschen vor Wut auf die Straße gingen, als die AfD Schleswig-Holstein das Schloss Reinbek für eine Veranstaltung gebucht und die Buchung gerichtlich durchgesetzt habe. Aber es helfe nicht, meint der 76-Jährige, der im oberhessischen Hungen geboren wurde. „Wir rollen der AfD damit den roten Teppich aus. Indem wir gegen sie schreien, befeuern wir sie.“ Es brauche stillere, aber überzeugendere Maßnahmen, „mit Kopf und Ruhe, Fantasie und Stärke.“ Das sei Knochenarbeit. „Aber wenn man diese nicht leistet, werden wir nichts ändern.“

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